Sprungbrett ins Berufsleben


Von Lars Gottschalk und Yvonne Tunnat (geb. Friese)

Erinnerungen zweier ehemaliger studentischer Hilfskräfte von Peter Schirmbacher

Wir haben Herrn Schirmbacher sowohl als lehrenden Professor als auch als studentische Hilfskräfte als Chef erlebt und möchten diesen Anlass nutzen, uns mal laut an die Arbeit und Lehre für und mit ihm zu erinnern.

Das Bachelor-Modul „Elektronisches Publizieren” nehmen die meisten im 3. Semester wahr, und da es ein Pflichtmodul darstellt, in der Regel alle Studierenden aus dem Semester gleichzeitig.
Über Herrn Schirmbacher wurde vorher schon viel unter uns gemunkelt:

Er sei eine Koryphäe auf seinem Gebiet, quasi berühmt. Außerdem würde er all seine Vorlesungen aufzeichnen. Letzteres würde allerdings nicht dazu führen, dass seine Studierenden nur noch vom heimischen Rechner aus an seinen Vorlesungen teilnähmen. Immerhin bräuchte man nicht mehr mitzuschreiben, sondern könne sich die Vorlesungen alle nochmal kurz vor den mündlichen Prüfungen am Semesterende anhören.

Gleich in der ersten Vorlesung hörten wir für uns ganz neue Begriffe, die aber seitdem fest in unseren Wortschätzen verankert sind und für einige von uns auch im Berufsleben eine nachhaltige Rolle spielen, wie Repositorium, Open Access, verschiedene Datenformate und deren Eigenheiten.

Vor den mündlichen Prüfungen wurde erneut viel gesprochen, von älteren Semestern wurde empfohlen, sich äußerst gründlich darauf vorzubereiten. Diejenigen, die aus der Prüfung kamen, erzählten beunruhigende Details wie „Er wollte wissen, wofür ‚PDF’ steht.“ oder „Ich wurde gefragt, ob ich einen Auszug auf Google Maps für die Einladung zu meinem Geburtstag verwenden darf.“, sodass wir Wartenden umso nervöser mit den Füßen scharrten.

Lars: Ich muss gestehen, dass ich vor Herrn Schirmbacher den größten Respekt durch seine Souveränität hatte. Ich würde sogar sagen, dass ich dadurch auch ein wenig Angst vor ihm hatte. Das änderte sich allerdings, als ich die Stelle als studentische Hilfskraft annehmen konnte und eine andere Seite von Herrn Schirmbacher kennenlernte. Er ließ mir freie Hand bei der Optimierung der Aufzeichnungen seiner Vorlesungen. Auch bei dem einen oder anderen Unfall war das für ihn alles kein Weltuntergang. Es war mit Sicherheit auch kein Nachteil, wenn man im Namen des Leiters des Computer- und Medienservices der Humboldt-Uni nachfragen konnte, wenn es um eine externe Soundkarte oder einen Dienstlaptop ging. Es war eine einmalige Erfahrung für mich, den Informatikern der Robotron-Geschichte bei einer Tagung lauschen zu können. Da ich für den technischen Ablauf zuständig war, musste nach Murphys Gesetz etwas schiefgehen und natürlich fiel die komplette Präsentationsanlage aus. Der Techniker, den ich zur Hilfe rief, meinte auch nur verschmitzt: „Natürlich die Veranstaltung, in der unser Chef sitzt.“

Yvonne: Obwohl ich vor anderen Professoren deutlich weniger Angst hatte, bewarb ich mich während des Masterstudiums als studentische Hilfskraft bei Herrn Schirmbacher. Das Vorstellungsgespräch erinnerte mich sehr an die Situation während der mündlichen Prüfung und ich hoffte, alle Fragen zufriedenstellend beantworten zu können. Dann fragte Herr Schirmbacher ganz unerwartet und eher so, als würde ihn das ganz nebenher persönlich interessieren, nach dem Thema meiner Bachelorarbeit. Ich war völlig verblüfft und mein Kopf war sofort leer. Bachelorarbeit? Ich war mittlerweile Masterstudentin, daraus folgerte er ganz richtig, dass ich ja die Bachelorarbeit bereits hinter mir haben musste. Ich konnte mich nur beim besten Willen nicht mehr an das Thema erinnern, obwohl es mich den ganzen vorherigen Sommer in Atem gehalten hatte. Einige lange Augenblicke saß ich nur verdutzt und schweigend da und versuchte mich mit wachsendem Entsetzen an meine Bachelorarbeit zu erinnern. Am Ende schaffte ich es dann immerhin zu berichten, wer meine Gutachter gewesen waren, und konnte das Thema grob umreißen, den Titel jedoch habe ich ihm nicht nennen können.

Yvonne: Eines ist mir besonders aufgefallen. Sowohl in den Vorlesungen und Seminaren als auch in den Sitzungen später als studentische Hilfskraft von Herrn Schirmbacher – wir durften tatsächlich alles fragen. Nie hat er uns spüren lassen, dass ihn eine Frage irgendwie überraschte, er sie für abwegig oder unnötig hielt oder das Thema gar nicht von Interesse für uns hätte sein dürfen. Dabei bin ich im Nachhinein sicher, dass so einige meiner Fragen meinen eigenen Angelegenheiten sehr fern waren. Ich hatte sogar nach jeder Antwort das Gefühl, dass die Frage umfassend und befriedigend beantwortet war und fühlte mich in meinem Wissensdurst sehr ernst genommen. Das war damals eine extrem angenehme Erfahrung für mich, meiner bisherigen Erfahrung nach antworteten Vorgesetzte nämlich normalerweise nicht zwingend auf jede Frage.

Lars und Yvonne: Wir haben beide einige Wochen vor dem eigentlichen Semesterschluss am 30.09.2011 eine Jobzusage erhalten. In beiden Fällen waren der Hilfsjob bei Herrn Schirmbacher und das sehr gute Arbeitszeugnis von großer Hilfe. Wir konnten in derselben monatlichen Arbeitssitzung darüber berichten, Lars ging nach Hamburg zur Helmut-Schmidt-Universität in die IT-Abteilung und Yvonne zur ZBW nach Kiel, um sich dort um die digitale Langzeitarchivierung zu kümmern. Obwohl Herr Schirmbacher sicher nicht sehr glücklich darüber war, beide Hilfskräfte gleichzeitig wieder ersetzen zu müssen, war er sichtlich erfreut, dass wir beide attraktive Zusagen erhalten hatten. In den folgenden Jahren liefen wir uns bei verschiedenen Tagungen wieder über den Weg und er versäumte es nie, nach unserem weiteren Werdegang zu fragen.

Die Arbeit bei und mit Herrn Schirmbacher hat uns zu einem guten Start in der post-studentischen Arbeitswelt verholfen und dafür möchten wir auf diesem Weg einmal herzlich danken.