Schirmbacher – der Lichtblick


Von Engelbert Plassmann

Mit Genugtuung, mit Freude, ja mit Vergnügen ergreife ich die Chance, dem Kollegen Schirmbacher einen aufrichtigen, herzlichen Gruß zu schicken, einen Dankesgruß.

Als Peter Schirmbacher in mein Gesichtsfeld trat, war ich schon mehrere Jahre im Ruhestand, unterrichtete aber noch in bescheidenem Umfang und nahm regelmäßig Prüfungen ab. Das tat ich als Pensionist, weil ich den Kontakt zu den Studenten noch nicht ganz aufgeben wollte, aber auch, um unserem wissenschaftlich erfolgreichen, dennoch gefährdeten Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft, über dem das Damoklesschwert der Auflösung schwebte, zur Seite zu stehen.

Es war im Wintersemester 2005/2006, ich saß am Schreibtisch des kleinen Büros, das oberhalb der Treppe zum Hochparterre des Hauses Dorotheenstraße 26 gleich rechts liegt und mir als Emeritus-Zimmer diente. Das Telefon klingelte, ich nahm ab und es meldete sich der mir bislang nur flüchtig bekannte Kollege Schirmbacher, Leiter des Rechenzentrums. Er solle eine dauerhafte Aufgabe am Institut übernehmen und bitte mich um Informationen über dessen aktuelle Lage.

Umgehend war ein Termin vereinbart und es kam ein beiderseits informatives und der Zukunft zugewandtes Gespräch zustande – übrigens in dem erwähnten Emeritus-Zimmer. Es war mir sogleich klar, was Schirmbachers Berufung an das Institut bedeutete: Das Präsidium der Universität wollte nach lähmenden Jahren der Ungewissheit über das weitere Schicksal des Instituts endlich einen neuen, konstruktiven Weg einschlagen und hatte das Damoklesschwert abgehängt.

So wurde dieses Gespräch einer der hellsten Lichtblicke in meinem langen akademischen Leben; denn von nun an wusste ich, dass die zielbewusste und trotz der Nachwehen der Umbruchszeit erfolgreiche Arbeit zur Konsolidierung der Bibliotheks- und Informationswissenschaft in Berlin in dem zurückliegenden Jahrzehnt nicht vergeblich gewesen sein sollte. Was ich damals noch nicht wusste, erst später erfuhr: dass nicht nur Peter Schirmbacher an die HU berufen werden sollte, sondern auch Michael Seadle. Damit waren optimale Voraussetzungen für die Zukunft unseres Fachs und seines Instituts in Berlin geschaffen.

Die Erinnerung an das Gespräch mit dem Leiter des Rechenzentrums im Wintersemester 2005/2006 halte ich umso lieber fest, als die dickleibige Geschichte der Universität Unter den Linden 1810–2010 in dem Kapitel, das unserem Institut gewidmet ist, der Entwicklung nach der Vereinigung Deutschlands nur einen kargen Platz einräumt, die in dieser Zeit erreichten großen Fortschritte in Forschung, Lehre und Studium kaum würdigt – als wären die letzten 20 Jahre nicht die spannendsten der Institutsgeschichte! Schirmbachers Name wird, wie auch der von Seadle, gar nicht genannt, sondern nur umschrieben; Gemeinplätze zur Entwicklung des Fachs haben dort Vorrang vor der Leistung und vor der Würdigung von Personen.

Das E(hren)-Journal für Peter Schirmbacher macht es anders. In der besten Form der europäischen Wissenstradition haben die Jüngeren, die Schüler, es unbefangen unternommen, ihren Meister zu feiern. Ihnen schließt sich auch der viel Ältere an, er tut’s aus ganzem Herzen.