Von Patricia Herterich & Sandra Lechelt
Virtueller Abschlussbericht für die
Deutsche Lach- und Schniefgesellschaft
Project LIS-1234/56
Kennwort: RuSkaDe
Januar 2017
Antragsteller:
Name: Petra Flosbauer, Prof. Dr.
Dienststellung: Stellv. Direktorin des Rechenzentrums (Harke)
Geburtsjahr: 1971
Nationalität: deutsch
Institution: Rechenzentrum
Universität für Wikinger, Trolle und Elben von Mittelerde
Dienstliche Adresse: Unter den Weiden 1
24819 Elbenkirchen
Telefon: 07 52 41 / 20 93 12 34
Fax: 07 52 41 / 20 93 23 45
E-Mail: Petra.Flosbauer@harke.mittelerde.de
Berichtszeitraum: 01.01.2012 – 31.12.2014
Förderzeitraum: 3 Jahre
Danksagung und Anmerkung
Die in diesem Bericht vorgestellte virtuelle Forschungsumgebung RuSkaDe hat es so nie gegeben. Aber es gab die Idee zu dieser VFU, die während eines Projektseminars von Prof. Schirmbacher und Maxi Kindling geboren wurde. Wir möchten uns nicht nur für die damals spannende, kreative und unterhaltsame Lehrzeit bedanken. Wir möchten uns auch für die vielen kleinen lehrreichen Momente in unserer Ausbildung bedanken, die uns geprägt und beeinflusst haben und die uns auch zu den Menschen gemacht haben, die wir heute sind. Es war uns eine Ehre, Herr Schirmbacher! Für Ihren neuen Lebensabschnitt wünschen wir Ihnen ebenso unterhaltsame und prägende Momente wie wir sie mit Ihnen während unserer Unizeit haben durften. Alles Gute für die vor Ihnen liegende freie Zeit, viel Freude bei den Hobbies, für die jetzt Zeit vorhanden ist und ein großes Dankeschön!
Publikationen und Vorträge zu diesem Projekt
- Herterich, Patricia; Lechelt, Sandra (2012): RuSkaDe – Ein Projekt zur kollaborativen Runenkunde im deutschsprachigen Raum. in: NORDEUROPAforum Jhg. 2012, S. 112 – 117
- Lechelt, Sandra (2013): Sondersammelgebiet 3.0: Aufbau einer digitalen Sammlung von Runen für die virtuelle Forschungsumgebung RuSkaDe. Vortrag auf dem 5. Kongress Bibliothek & Information Deutschland in Leipzig
- Herterich, Patricia; Lechelt, Sandra (2013): Das DFG-Projekt RuSkaDe – Eine virtuelle Forschungsumgebung für die Runenkunde im deutschsprachigen Raum. Präsentation auf der 21. Arbeitstagung der Skandinavistik in Freiburg.
- Seebach, Merle; Herterich, Patricia; Lechelt, Sandra (2013): A new approach to research: collaborative work in a Virtual Research Environment for Runology. In: Futhark: International Journal of Runic Studies 4 (2013), 7–30.
- Schiffermann, Markus (2013): eSciDoc und die virtuelle Forschungsumgebung RuSkaDe. Vortrag auf den PubMan Days 2013 in München.
- Seebach, Merle (2014): Changing research and teaching of runic inscriptions through a virtual research environment. Präsentation auf dem 8. internationalen Symposium für Runen und Runeninschriften in Nyköping, Schweden.
Arbeits- und Ergebnisbericht
Ausgangsfragen und Zielsetzungen
Die deutsche Runenforschung war bislang sehr zersplittert und im internationalen Vergleich schlecht aufgestellt. Gründe hierfür waren mangelnder Zugang zu Fachliteratur und vor allem unzureichende Erfassung von Runendenkmälern in Datenbanken ohne Standards. Das Projekt RuSkaDe fügt bereits bestehende und noch zu entwickelnde Komponenten zu einer virtuellen Arbeits- und Forschungsumgebung für die deutschsprachige Runologie zusammen, um damit zur Stärkung der wissenschaftlichen Community beizutragen. RuSkaDe schafft dadurch erstmalig einen Gesamtkorpus über die verschiedensten digitalen Forschungsdaten zu Runendenkmälern im internationalen Kontext. Neben der Bereitstellung von Runenverzeichnissen, Wörterbüchern und diversen Fach-, Volltext- und Runendatenbanken ermöglicht RuSkaDe den Wissenschaftlern, in einer zeit- und ortsunabhängigen virtuellen Forschungsumgebung sowohl projektbezogen, als auch individuell zu arbeiten. Gestützt durch die enge Verbindung zur Scientific Community und zu einer Testgruppe von Studierenden am Runologie-Institut der Universität von Dol Guldur führt dies zu einer verbesserten Kooperation und Kollaboration von deutschen Runenforschern – später auch über die einzelnen wissenschaftlichen Einrichtungen im deutschsprachigen Raum hinweg. Die Forscher können durch eine innovative Geosuche und -anzeige, sowie über eine Metasuchfunktion über eine Vielzahl von Informationsdatenbeständen zeitsparend und von ihren Arbeitsplätzen aus den gesamten Forschungsprozess bis hin zur Publikation durchführen. Mit der direkten Interaktion und Kommunikation zwischen den einzelnen Medienarten und dem Austausch mit Kollegen, auch aus anderen Fachdisziplinen, werden Mehrwerte geschaffen und neue Forschungsfragen generiert, die weitere interdisziplinäre Forschungsfelder eröffnen können.
Ausgangsfragen, die das Projekt RuSkaDe erforschen wollte, waren unter anderem, welche Werkzeuge und Standards als Grundlage für eine vereinte deutschsprachige Runenkunde erforderlich sind. Gleichzeitig wollte das Projekt der Frage nachgehen, wie mit begrenzten finanziellen und organisatorischen Mitteln die Runenforschung gestärkt und die Forscher selbst entlastet würden. Vor allem mit Blick auf den Aspekt der Reisen in andere europäische Länder zur Erforschung und Erfassung von Runendenkmälern wurde damit eine der zentralen Fragen gestellt, wie Forschung möglichst effizient und effektiv gestaltet und Budgets gerade kleiner Einrichtungen entlastet werden können.
Projektverlauf
Vor dem eigentlichen Projektbeginn wurden Bild- und Volltextliteraturdatenbanken erstellt, da dies zeitraubend ist und in einigen Fällen Rechte geklärt werden mussten oder elektronische Versionen einiger Werke erstellt werden mussten. Dies wurde von der Sauron-und -Gollum-Universitätsbibliothek zu Mordor und dem Runologie-Institut der Universität von Dol Guldur im Düsterwald übernommen. Das Rechenzentrum (kurz: Harke) der Universität für Wikinger, Trolle und Elben von Mittelerde hat vor Projektbeginn Vorbereitungen getroffen, um die Installation von eSciDoc bei Projektbeginn zu erleichtern.
Die erste Phase des Projektes (2012) wurde genutzt, um eine erste Beta-Version der virtuellen Forschungsumgebung zu erstellen. Dazu wurde eSciDoc installiert und auf die Bedürfnisse der VFU zugeschnitten. Dies beinhaltet die Definition von verschiedenen Nutzerrollen, die Integration mit Shibboleth, die Integration von Bildbearbeitungs-, Annotations- und Kommentarfunktionen. Nachdem die Kernfunktionen erstellt waren, wurde der Inhalt importiert. Das Metadatenmodell basiert auf den Datenbanken, die vor Projektbeginn erstellt wurden. Es wurde erweitert, um Kommentare und andere Forschungsaktivitäten in der VFU zu erfassen. Zudem wurden weitere Quellen, etwa ein Futhark-Wörterbuch, durch technische Schnittstellen integriert. Ein weiteres Kernstück von RuSkaDe bilden die dreidimensionalen Modelle von Runensteinen auf der ganzen Welt (vorwiegend im skandinavischen Raum, aber auch in Griechenland), die anhand von standardisierten Kriterien mit hoher Bildqualität und unter Langzeitarchivierungsaspekten digitalisiert werden konnten. Diese Modelle können je nach Projekt annotiert und auf mehreren Metaebenen miteinander verknüpft bearbeitet werden. (siehe Abbildung 1)
Abbildung 1: Der fast 4 Meter hohe Rökstein in Schweden kurz vor der 3D-Digitalisierung
Parallel wurden Vorbereitungen zum Launch für die Forschungscommunity getroffen, darunter die Bewerbung des Projektes auf Social-Media-Plattformen (Facebook, Twitter, Flickr), einschlägigen Fachmailinglisten und Konferenzen. (siehe Abbildung 2) Zudem wurde am Runologie-Institut ein Seminar so konzipiert, dass die erste Version der VFU im Detail mit Studierenden getestet werden konnte. Dazu wurden Anleitungen und Hilfsdokumente erstellt, die später in die VFU integriert wurden, um neuen Nutzern die ersten Schritte und Projekterstellung und -bearbeitung zu erleichtern.
Zum Start des Wintersemester 2012/13 war eine Beta-Version verfügbar, die mit 15 Studierenden im Seminar “Einführung in die Runologie” und weiteren acht Studierenden im Praxis-Masterseminar “Runensteine in Östergötland über den Rökstein hinaus” getestet wurde.
Abbildung 2: Tweet zur Ankündigung der ersten Beta-Version von RuSkaDe
In der zweiten Projektphase (2013) konnten durch Rückmeldungen der Studierenden eine Evaluation durchgeführt und Implementierungen an die Nutzerbedürfnisse angepasst werden. Die Suche und die Geosuche wurden verfeinert sowie Verbesserungen bei den weiteren existierenden Funktionen vorgenommen. Bei Kommentaren, Annotationen sowie Bearbeitungen wurde eine Versionierung eingefügt, um die Nachvollziehbarkeit zu steigern. (Abbildung 3) Durch die Erstellung von Exportfunktionen konnten erste Publikationen und Ergebnisse auf einschlägigen Fachkonferenzen präsentiert und veröffentlicht werden. In einem nächsten Schritt wurde ein Test mit internationalen Kollegen innerhalb eines Forschungsprojekts durchgeführt. Hierzu erfolgte die Übersetzung der VFU ins Englische als in der Scientific Community am stärksten genutzten Sprache neben den vier skandinavischen Sprachen Dänisch, Schwedisch, Norwegisch und Isländisch. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Projektphase wurden die Aktivitäten über Social-Media-Kanäle geteilt, um so einen größeren Anreiz auch für noch nicht beteiligte Wissenschaftler zu schaffen, sich einzubringen.
Abbildung 3: Annotationsfunktion in RuSkaDe
Quelle: http://r12a.github.io/pickers/runic/ und https://renorseful.wordpress.com/category/games/
Durch Projektberichte auf internationalen Konferenzen wurde das Interesse an der virtuellen Forschungsumgebung verstärkt und die Rückmeldungen aus der wissenschaftlichen Community sind durchweg positiv.
Perspektiven und Fazit
Das Projekt RuSkaDe hat sich in den drei Jahren Betriebszeit an der Universität für Wikinger, Trolle und Elben von Mittelerde als wichtiges und überaus erfolgreiches Bindeglied in der damals zersplitterten wissenschaftlichen Community erwiesen. Mit Hilfe des Projektes konnten Lücken bei der Erfassung und Auswertung der Runendenkmäler in Europa geschlossen werden. Gleichzeitig wurden neue Erkenntnisse in Bezug auf andere Fachgebiete als die Runologie gewonnen.
Gerade die in der zweiten Projektphase durchgeführte Zusammenarbeit auf internationaler Ebene hat gezeigt, dass die Kollaboration mit Wissenschaftlern aus den Bereichen Archäologie, Linguistik und Geschichte, aber auch der Astrophysik und der Geografie neue Forschungsfragen und -felder eröffnen kann. So bilden sich bereits nach kurzer Zeit an einigen Forschungseinrichtungen der beteiligten Institutionen neue Fachbereiche heraus, die den Zusammenhang zwischen Wanderungswegen, Besiedlungsgebieten und Sprachentwicklungen der Wikinger in Europa und der Welt erforschen. Mit Hilfe der Astrophysik, insbesondere in Zusammenarbeit mit der NASA und der ESA, konnten Sternenkonstellationen als Wegmarken zu Kultstätten der Wikinger, die teils durch die Runendenkmäler gekennzeichnet sind, nachgewiesen werden. Hier untersuchen Wissenschaftler nun, welche Auswirkungen dies eventuell auf die Entwicklung und Wanderungen historischer Völker und Stämme gehabt haben könnte. Auch wird untersucht, inwieweit Sternenkonstellationen auf weitere Kultstätten bzw. Runendenkmäler hinweisen könnten. Hierzu wird bei der nächsten Mission der internationalen Raumstation ISS Experimente geben, die diese Punkte untersuchen werden. Die Feldforschung in einigen Fachgebieten der Astrophysik wurde bereits verändert, Lehrpläne an den Universitäten werden derzeit angepasst.
Für den nachhaltigen Weiterbetrieb des Projekts, der dem überaus großen Erfolg der vergangenen drei Jahre Rechnung tragen soll, konnten unter anderem die Sherlock Foundation sowie das Unternehmen Oculus VR gewonnen werden. Die Sherlock Foundation finanziert den Grundlagenbetrieb des Projektes direkt, Oculus VR konzentriert sich auf die Weiterentwicklung der 3D-Modelle von Runensteinen, deren Abbildung sowie ihre Metaebenen in Bezug auf den Einsatz in neuen Virtual Reality- und Augmented Reality-Spielen. Bislang konnten seit Abschluss des Projekts 2,21 Millionen Euro insbesondere im Spielesegment erwirtschaftet werden.
Im laufenden Weiterbetrieb soll das Augenmerk vor allem auf die Integration von zusätzlichen Quellen aus dem Ausland durch verschiedene Kollaborationen und Nachfolgeprojekte mit internationalen Partnern gelegt werden. Auch die Übersetzung des Projekts unter anderem ins Spanische, Chinesische und Altenglische soll zügig erfolgen. Dadurch soll der derzeitige Fokus auf Runen als Sprach- und Kunstelement auf Denkmälern ausgeweitet werden hin zu einer Erforschung weiterer, archäologisch wertvoller Fundstätten. Dies bezieht sich beispielsweise auf historische (Kult-)Stätten wie den Machu Picchu in Peru oder die Terrakotta-Armee in der frühchinesischen Grabanlage des Mausoleums von Qín Shǐhuángdì. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zwischen diesen Anknüpfungspunkten historischer Stätten weltweit, die nicht nur bei der Erforschung des Ursprungs der Sprachen einen wichtigen Beitrag leisten könnten.
Projektmitarbeiter
Die technische Entwicklung im Rechenzentrum der Universität für Wikinger, Trolle und Elben von Mittelerde wurde von Dipl.-Inf. Markus Schiffermann ausgeführt. Merle Seebach am Runologie-Institut der Universität von Dol Guldur im Düsterwald testete die VFU ausführlich mit Studierenden in ihren Seminaren zur Runologie. Zudem präsentierte sie die vielseitigen Anwendungsszenarien der Forschungsumgebung der nationalen und internationalen Forschungscommunity. Alicia Barkemayer erstellte die englische Version der Plattform und kollaborierte mit Markus Schiffermann bezüglich Suchfunktionen und Prozessen zum Import von Bild- und Textquellen.
Die beiden Mitantragstellerinnen Sandra Lechelt und Patricia Herterich fungierten vor allem als Schnittstellen und Multiplikatoren zu den weiteren wissenschaftlichen Communities und als Kontaktpersonen für den Weiterbetrieb des Projekts über die Förderungslaufzeit hinaus. Während ausgedehnter Auslandsaufenthalte zeichnete sich insbesondere Frau Herterich für die Erstellung der standardisierten dreidimensionalen Modelle verantwortlich. Die Überwachung der entsprechenden Metadatenerfassung erfolgte in Verantwortlichkeit von Frau Lechelt, die zum Förderungsende des Projekts als CIO in die Geschäftsführung der Sherlock Foundation wechselte.
Neben den wissenschaftlich und organisatorisch stets hohen Anforderungen und Belastungen des Projekts haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nie den Spaß an der Arbeit verloren und den Ausgleich in ihrer Freizeitgestaltung gesucht, sei es als Künstler, Schnitzmeister, Näherin oder Ausdruckstänzer. Ausgewählte Exemplare insbesondere der Patchworkkunst von Frau Seebach, den Schnitzwerken von Herrn Schiffermann und der Tontassensammlung von Frau Herterich wurden während einiger Konferenzen vorgestellt.